Ob du mit deinen Wetten profitabel sein wirst, kannst du daran erkennen, ob du die Closing Line schlägst. Damit ist die letzte vor Anpfiff verfügbare Wettquote gemeint, die du bei einem Profibuchmacher bekommen kannst. Bist du in der Lage, im Schnitt konstant bessere Wettquoten zu bekommen, wirst du auf kurz oder lang mit deinen Wetten in der Gewinnzone landen. Aber warum ist das so?
Du gegen die Markteffizienz
Das Schlagen der Closing Line ist ein so wertvoller Vorhersageindikator, weil bis zum Anpfiff alle Marktteilnehmer auf die Wettquote Einfluss genommen haben, inklusive der aller Wettprofis und großen Wettsyndikate. Wenn diese viel Geld wetten, bewegt das die Quoten fast immer in einen Bereich, in dem das Wetten auf die betreffende Auswahl nicht länger profitabel ist. Anders ausgedrückt: Die Quoten werden effizienter, je näher der Spielbeginn rückt.
Es kann dabei natürlich Ausnahmen geben, weshalb du die Closing Line nicht in jedem Spiel schlagen musst. Gerade in Spielen mit starken Favoriten kommt es immer wieder einmal vor, dass der Druck der Gelegenheitsspieler die Quoten in nicht effiziente Gegenden treibt. Allerdings ist das relativ selten der Fall, und beeinträchtigt die Aussagekraft dieses Vorhersageindikators deshalb nicht wesentlich.
Was sagt das Schlagen der Closing Line eigentlich aus?
Wenn du die Closing Line regelmäßig schlägst, bedeutet das, dass du zu ähnlichen Einschätzungen wie die Wettprofis gelangst. Es ist daher naheliegend, warum es sich dabei um ein gutes Zeichen handelt – wenn du wettest wie die Profis, gewinnst du auch wie die Profis. Allerdings kannst du kurzfristig dennoch Geld verlieren, auch wenn du die Closing Line schlägst. Wetten ist eine langfristige Angelegenheit, und bringt auch für Profis immer wieder Zeiträume mit Stagnations- und Verlustphasen [1].
Warum überhaupt die Closing Line als Kriterium nehmen?
Auf sehr lange Sicht ist natürlich nur relevant, ob du mit deinen Wetten Profit erwirtschaftest oder nicht. Allerdings ist deine Bilanz kurzfristig und nicht selten sogar mittelfristig manchmal ziemlich irreführend, weil der Zufall eine umso größere Rolle für die Ergebnisse spielt, je kürzer der beobachtete Zeitraum ist.
Die Closing Line ist als Indikator deshalb so wertvoll, weil du bereits nach ca. 100 Wetten einen guten Eindruck davon hast, ob du mit dieser Methode Erfolg haben könntest. Beobachtest du dagegen nur deine Gewinne und Verluste, brauchst du eher ein paar tausend Wetten, bevor du dir einigermaßen sicher sein kannst. Gerade beim Testen von neuen Modellen und Ansätzen ist das Zeit, die du nicht unbedingt aufbringen möchtest.
Du verlierst nicht automatisch, wenn du die Closing Line nicht schlägst
Es ist allerdings nicht zwingend eine Katastrophe, wenn du die Closing Line nicht schlagen solltest. Zwar kann das bedeuten, dass deine Wetten nicht gut sind (und ist in den meisten Fällen das wahrscheinlichste Szenario). Es ist aber auch durchaus möglich, dass das andere Ursachen hat:
- Du wettest in einem Sport oder einer Liga mit niedrigen Limits. Insbesondere die großen Wettsyndikate müssen auf einigermaßen hohe Einsätze kommen, damit sich ihr erheblicher Aufwand auch lohnt. Das bedeutet, dass sie in bestimmten Wettbewerben gar nicht erst aktiv werden. Entsprechend ist in diesen Fällen weder die Closing Line besonders aussagekräftig, noch sie zu schlagen von nennenswerter Bedeutung. Je höher die Limits, desto aussagekräftiger ist die Closing Line als Indikator.
- Dein Blickwinkel ist einmalig. Beispielsweise könntest du über Insiderinformationen verfügen, oder aber deine Methodik zur Berechnung von Value ist im Markt ungewöhnlich und neu. Solltest du wirklich ein geniales Modell mit einem neuen Ansatz entwickelt haben (was durchaus immer mal wieder vorkommt), dann wirst du finanziell immer erfolgreicher werden. Als Folge wird die Setzgröße deiner Wetten immer weiter zunehmen, bis du schließlich selbst mit deinen Wetten die Closing Line beeinflusst.
Welche Closing Lines sind relevant?
Zwar kann kein Buchmacher drastisch vom Markt abweichen, weshalb die Wettquoten aller eine gewisse Aussagekraft haben. Am besten ist es aber, du orientierst dich an den Buchmachern, bei denen die Profis direkt oder indirekt wetten. Im Fußball ist das vor allem SBO, mit Einschränkungen auch IBC und Singbet, wobei es in den letzteren beiden Fällen komplexer ist, an die Closing Lines zu kommen. Pinnacle wird auch im Fußball immer wichtiger, eignet sich aber insbesondere für die Closing Lines der nordamerikanischen Hauptsportarten.
Denk daran, dass die Closing Line nicht in jedem Fall relevant ist
Es gibt leider ein Problem mit der Closing Line als Kriterium: Sie entsteht zwingend erst nach Bekanntwerden der Aufstellungen. Was vorher eine gute Wette war, kann durch Verletzungen oder Trainerentscheidungen zu einer schlechten Wette werden, mit einer entsprechenden Entwicklung der Wettquote. Deshalb ist das Schlagen der Closing Line nicht in jedem Einzelfall relevant. Es reicht also, sie in der Mehrzahl der Fälle zu schlagen.
Dies hat viel mit dem besten Zeitpunkt für eine Wette zu tun.
Wofür du die Closing Line sonst noch so verwenden kannst
Du kannst die Closing Line nicht nur zum Beurteilen deiner eigenen Wetten verwenden. Ein paar andere Ansätze:
1. Ist ein Tipster oder Tippservice profitabel?
Die Wettbranche ist voll von Tipstern und Tippservices, die Erfolg mit Zufall verwechseln oder aber rundheraus mit betrügerischer Absicht nach Trotteln suchen. Um die wenigen Perlen herauszufiltern, ist das Vergleichen der von ihnen gewählten Wettquoten der beste Ansatz. Wer hier durchs Raster fällt, der kann wahrscheinlich auch nichts.
Wie bei deinen eigenen Wetten besteht natürlich die Möglichkeit, dass der entsprechende Tipster oder Tippservice einen besonderen Ansatz oder irgend eine Form von Insiderwissen hat; anders als bei dir selber hast du aber keinerlei Möglichkeit einzuschätzen, wie wahrscheinlich das ist. Und generell ist es immer ein Alarmsignal, wenn jemand versucht, seine Tipps zu verkaufen, wenn sie angeblich so gut sind [2].
2. Zufallsindikatoren
Ich verwende die Closing Line sehr gerne als Indikator für Glück und Pech eines bestimmten Clubs. Diese Zufallsindikatoren kannst du dazu verwenden, preislich vermutlich über- bzw. unterschätzte Teams zu finden, oder als Anpassungsfaktor für Modellschätzungen.
3. Biete deinem angeberischen Kumpel eine Wette an
Hast du je einen Kumpel gehabt, der dir mit dem Prahlen über seine Erfolgsserie beim Wetten auf den Keks gegangen ist? Verwende die Closing Line um zu ermitteln, ob er einfach nur Glück gehabt hat. Falls ja, biete ihm (oder ihr) eine Wette darüber an, ob der Erfolg anhalten wird. Und vergiss hinterher nicht, deinerseits mit deinen Kenntnissen über die Regression zur Mitte zu prahlen.
Fußnoten:
[1] Auch große Wettsyndikate können mal ein ganzes Halbjahr Verluste machen, wenn es dumm läuft. Persönlich habe ich schon eine schlechte Phasen erlebt, die über mehr als 1000 Wetten anhielt, obwohl das zugrunde liegende System in seiner Lebenszeit im Schnitt 4% pro eingesetzten Euro erwirtschaftet hat.
[2] Es gibt allerdings durchaus legitime Gründe, seine Tipps zu verkaufen. Gerade am Anfang ist das ein guter Weg, geringes Startkapital aufzubessern und für stabilere Einnahmen zu sorgen. Darüber hinaus lebt auch nicht jeder begnadete Tipster in einer Jurisdiktion, die das Wetten bei den nötigen Buchmachern rechtlich zulässt.