Wettanfängern ist in aller Regel unklar, wie ein Buchmacher eigentlich sein Geld verdient - doch es ist keineswegs unerheblich, hier den Buchmacher besser verstehen zu lernen: Darin steckt eine der wichtigsten Wettlektionen überhaupt.
Im vorangegangenen Blogartikel bin ich darauf eingegangen, wie du Wettquoten in Wahrscheinlichkeiten umrechnen kannst. Wenn du auf diese Weise die Wahrscheinlichkeiten für alle möglichen Wettausgänge addierst, kommst du auf eine Summe, die oberhalb von 100 % liegt. Nehmen wir den letzten (21.) Bundesligaspieltag als Beispiel. Kurz vor Anpfiff hättest du bei Pinnacle und Bet365 folgende Quoten fuer das Freitagsspiel bekommen:
Mainz | Unentschieden | Schalke | Summe | |
---|---|---|---|---|
Wettquoten Pinnacle | 2.83 | 3.36 | 2.71 | - |
Wahrscheinlichkeit (1/Quote) | 35.34% | 29.76% | 36.90% | 102.00% |
Wettquoten Bet365 | 2.70 | 3.40 | 2.60 | - |
Wahrscheinlichkeit (1/Quote) | 37.04 % | 29.41 % | 38.46 % | 104.91 % |
Die Buchmachermarge
Die Differenz zwischen 100 % und der Summe der Wahrscheinlichkeiten der Buchmacher bezeichnet man auch als die Buchmachermarge, durch die der Gewinn entsteht. Aber wie?
Nehmen wir an, alle Kunden bei Bet365 und Pinnacle hätten jeweils insgesamt 100.000 € zu exakt diesen Quoten gewettet, zu proportionalen Anteilen[1].
Mainz | Unentschieden | Schalke | Summe | |
---|---|---|---|---|
Wettquoten Pinnacle | 2.83 | 3.36 | 2.71 | - |
gewette Summe | 34.644 € | 29.179 € | 36.178 € | 100.000 € |
Gewinn/Verlust Sieg Mainz | 29.179 € | 36.178 € | 1.959 € | |
Gewinn/Verlust Unentschieden | 34,644 € | 36.178 € | 1.959 € | |
Gewinn/Verlust Sieg Schalke | 34.644 € | 29.179 € | 1.959 € |
Mainz | Unentschieden | Schalke | Summe | |
---|---|---|---|---|
Wettquoten Bet365 | 2.70 | 3.40 | 2.60 | - |
gewette Summe | 35.304 € | 28.035 € | 36.661 € | 100.000 € |
Gewinn/Verlust Sieg Mainz | 28.035 € | 36.661 € | 4.681 € | |
Gewinn/Verlust Unentschieden | 35.304 € | 36.661 € | 4.681 € | |
Gewinn/Verlust Sieg Schalke | 35.304 € | 28.035 € | 4.681 € |
Sowohl im Beispiel für Pinnacle als auch dem für bet365 wird deutlich, dass der Buchmacher unabhängig vom Spielausgang Geld verdient. Zwar müssen die Buchmacher entsprechend der gewinnenden Quote an die Kunden auszahlen, die auf dieses Ereignis gewettet haben - doch da etwas mehr Geld durch die Wetten auf die anderen Spielausgänge hereinkommt, entsteht dennoch ein Gewinn.
Buchmachermarge vs Rückzahlungsquote
Manche Seiten (wie zum Beispiel Oddsportal) zeigen dir nicht die Summe der implizierten Wahrscheinlichkeiten der Wettquoten an (also einen Wert oberhalb von 100 %), sondern stattdessen die Rückzahlungsquote. Diese errechnet sich ebenfalls mit Hilfe der 1/x-Formel. Du addierst die Summe aller Wahrscheinlichkeiten der Wettquote und wendest auf diese Summe die 1/x-Formel an.
Die Rückzahlungsquote bei Pinnacle liegt im obigen Beispiel also bei 1 / 102 % = 98.04 %, die für Bet365 bei 1 / 104.91 % = 95.32 %.
Das bedeutet, dass du, sofern du blind auf jedes Ereignis setzt (ohne auf Value zu achten) im Mittel einen entsprechenden Prozentsatz deines Geldes wieder gewinnen wirst. Für jeden blind ausgegebenen Euro bei Bet365 kannst du also mit einem Verlust von 4.7 Cent rechnen. Im Fall von Pinnacle sind es dagegen nur 1.96 Cent.
Was die Buchmachermarge für dich bedeutet
Daraus wird unmittelbar deutlich, dass eine höhere Marge für den Buchmacher mit deutlich höheren Gewinnen einher geht - und welch negativen Effekt dies auf die für dich verfügbaren Quoten und damit unmittelbar auf deinen Gewinn hat.
Buchmacher besser verstehen: Sicherer Gewinn vs Gewinnoptimierung
Die Grundidee der Buchmachermarge ist, dem Buchmacher Gewinn unabhängig vom Ausgang des Spiels zu sichern. Aus dieser Grundmotivation heraus passen Buchmacher ihre Wettquoten an, wenn für ein bestimmtes Ereignis entsprechend viele Wettbeträge eingehen.
So weit die Theorie - um den Buchmacher besser verstehen zu lernen, solltest du dir aber auch vor Augen führen, dass dieser Ansatz zwar das Risiko des Buchmachers minimiert, aber nicht unbedingt seine Gewinne optimiert.
Beispielsweise passiert es häufig, dass insbesondere auf starke Favoriten (wie Bayern oder Barcelona zu Hause) unproportional viel Geld gesetzt wird, verursacht durch Gelegenheitswetter, die eine sichere Sache wittern, und Spaßwettern, die eher auf den bekannten Namen als etwas anderes wetten.
In diesen Fällen kann es passieren, dass für den Buchmacher ein gewisser Verlust entsteht, sollte der Favorit gewinnen, weil das Geld ungleich verteilt ist. Eigentlich müsste der Buchmacher in diesen Fällen seine Preise senken, dennoch tut er dies nicht unbedingt.
Aber warum?
Auch Buchmacher wetten Value
Profi-Buchmacher wie Pinnacle oder SBO können in solch einer Situation Value erkennen - wenn sie wissen, dass der Favorit zu den entsprechenden Quoten stark unterbewertet ist, lohnt es sich, auf lange Sicht dagegen zu halten. Das beinhaltet auf kurze Sicht ein gewisses Risiko, ist aber langfristig profitabler. Entsprechend beziehen sie gerne ab und an Position und wetten im Prinzip damit auch selber.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist dabei auch, dass höhere Quoten tendenziell Kunden anziehen. Wenn das entsprechende Wettangebot aus der Sicht des Buchmachers ohnehin Mehrwert verspricht, ist es also durchaus rational, ein gewisses Risiko einzugehen, sofern die nötigen Finanzreserven gegeben sind.
Fußnote
1 Zu proportionalen Anteilen bedeutet in diesem Zusammenhang proportional zur Wettquote und der Summe der implizierten Wahrscheinlichkeiten aller Wettausgänge. Die verwendete Formel lautet:
100.000 € * [1 / Wettquote] / [Summe aller implizierten Wahrscheinlichkeiten der Wettquoten]
Beispiel Pinnacle/Mainz:
100.000 € * [1 / 2.83] / [(1 / 2.83) + (1 / 3.36) + (1 / 2.71)] = 33.644 € (gerundet)