Diszipliniert wetten betrifft sehr unterschiedliche Bereiche und Verhaltensweisen, und nicht immer wird der Begriff richtig verstanden und gebraucht. Grundsätzlich kannst du zwischen diesen drei Aspekten unterscheiden:
- Bereiche, in denen Disziplin tatsächlich eine wichtige Rolle spielt
- „Mangelnde Disziplin“ als Ausrede bei verlorenen Wetten
- Techniken zur Verbesserung deiner Disziplin
Wo Disziplin beim Wetten wichtig ist
Es gibt fast keinen Bereich beim Wetten, in dem Disziplin nicht in der einen oder anderen Weise wichtig wäre. Value finden ist immer nur die eine Seite der Medaille, ansonsten ist erfolgreiches Wetten vor allem davon geprägt, es auch richtig durchzuziehen. Da dir deine Intuition immer wieder Streiche spielen wird, solltest du vor allen Dingen folgenden Ratschlag beherzigen:
Setze dir feste Regeln und dann halte dich dann auch an diese.
1. Kapitalmanagement und Disziplin
Diszipliniert wetten bedeutet insbesondere, die Verwaltung deines Wettkapitals in der richtigen Art und Weise anzugehen. Der häufigste Fehler in diesem Bereich besteht darin, einen zu großen Anteil des verfügbaren Geldes zu setzen. Während 1% deines Wettkapitals pro Wette zunächst nach lächerlich wenig klingen mag, ist das in den allermeisten Fällen schon das Maximum des Empfehlenswerten[1].
Es ist wichtig, dass du dir vor Augen führst: Das Wachstum deines Kapitals ist nur deine zweite Priorität. Wichtiger noch ist es, die schlechten Tage möglichst unbeschadet zu überstehen – da du im Falle eines Bankrotts all deine zukünftigen Einnahmen verlierst. Dies ist übrigens auch ein Fehler, der die Bank Lehman Brothers in die Knie zwang – das Kernproblem der Bank bestand nicht in prinzipiell mangelnder Profitabilität, sondern darin, dass kurzfristig nicht mehr genug Geld verfügbar war. Kurz: Die Wetteinsätze waren zu hoch.
Für dein Kapitalmanagement bedeutet Disziplin also, im Zweifelsfall lieber erst einmal kleinere Brötchen zu backen. Geduld ist auch beim Wetten eine Tugend, zumal der Zinseszinseffekt auf deiner Seite steht.
2. Vermeide das Tilten um jeden Preis
„Tilten“ ist besonders bei Pokerspielern bekannt, aber auch beim Wetten keineswegs eine Seltenheit. Es beschreibt einen Kontrollverlust, der in aller Regel durch negative Ereignisse ausgelöst wird, beispielsweise durch unglücklich verlorene Wetten oder eine Serie von unglücklich verlorenen Wetten. Die Folge sind Frustwetten, die entweder mit mangelnder Information oder viel zu hohen Einsätzen abgegeben werden – oder womöglich einer Mischung davon.
Beim Wetten die Disziplin zu wahren, bedeutet diese Situationen auf jeden Fall zu vermeiden. Wetten sollten immer mit kühlem Verstand getätigt werden, ein Investment sein – spekulativ zwar, aber doch wohl kalkuliert. Solltest du also nicht mehr klar denken können, wie das beim Tilten immer der Fall ist, dann musst du dich dieser Situation unbedingt entziehen.
Sobald du beim Wetten das Gefühl bekommst, nicht länger Herr deiner Sinne zu sein, ziehe die Reißleine: Vielleicht ist es zum Beispiel besser, einfach eine Weile mit dem Wetten auszusetzen. Auch mentale Techniken können dir bei der Frustrationsbewältigung helfen, von einfachen Spaziergängen zur rechten Zeit über körperlichen Ausgleich (Sport!) bis hin zu regelmäßiger Meditation ist die Spannbreite der Möglichkeiten denkbar groß. Ziel ist in jedem Fall, den Kopf freizumachen und den Fokus auf das Wesentliche zurückzugewinnen.
Eine andere Technik, Tilten von vorne herein zu vermeiden, ist das Verwenden von statistischen Wettmodellen, die in erster Linie auf Zahlen basieren. Da du dich mit einem solchen Ansatz von vorne herein nicht oder bestenfalls in zweiter Linie auf dein Bauchgefühl verlässt, ist Tilten eine deutlich geringere Bedrohung für dich. Auch von vorne herein festgelegte, klare Vorgaben für die Höhe deiner Wetteinsätze sind eine enorme Hilfe, um wirklich diszipliniert wetten zu können.
3. Längere Verlustphasen
Auch wenn du das Tilten überwunden haben solltest: Länger anhaltende Verlustphasen werden dem besten Wetter und größten Experten mit dem allerbesten Wettmodell unterlaufen[2], und gerade dann ist diszipiliniert wetten erste Bürgerpflicht.
Zufallsschwankungen sind Teil des Geschäfts, darum führt kein Weg herum. Entsprechend ist es wichtig, nicht gleich beim ersten stärkeren Gegenwind in Panik zu verfallen. Stattdessen hast du idealerweise bereits vorgesorgt: Pro Wette setzt du nur einen bestimmten kleinen Anteil deines Wettkapitals, den du bei Bedarf weiter absenkst.
Diszipliniert wetten bedeutet in diesem Zusammenhang auch: Nicht die Einsätze erhöhen, weil sich das Blatt ja schon bald wenden dürfte. Wenn du Value-Wetten abschließt, wird das zwar irgendwann sicher der Fall sein, doch wann genau ist nicht vorhersehbar. Hier ein persönliches Beispiel von mir beim Baseball, eine Verlustphase von exakt 200 Wetten:
Verlustphase über 200 Wetten
Weniger dramatisch sieht die Sequenz aus, wenn du sie in ihrem Kontext betrachtest:
Die Verlustphase im Kontext
Je länger du schon wettest, desto besser kannst du Verlustphasen ins Verhältnis rücken. Dieses Einordnen in einen übergeordneten Kontext hilft dir mental, auch in schwierigen Phasen Kurs zu halten, bis es wieder besser aussieht.
4. Vorsicht vor Gewinnphasen!
Auch und besonders gerade im Erfolg ist diszipliniertes Wetten gefragt. Du wirst ebenfalls schon Phasen erlebt haben, in denen dir alles gelingt und nichts schief zu gehen scheint. Die damit einher gehende Euphorie ist gefährlich, weil sie zu einer Illusion totaler Kontrolle führt.
Es ist in diesen Fällen immer wieder hilfreich, wenn du dir vor Augen führst, welcher Anteil einer gewonnenen Wette tatsächlich auf Können beruht. Der Rest ist schlicht und ergreifend Glück, welches sich auch wieder gegen dich wenden kann und gelegentlich wird.
Entsprechend solltest du in diesen Euphoriephasen genauso stoisch deinen Kurs halten wie in schlechten Phasen. Auch wenn es verlockend sein mag, plötzlich viel höhere Beträge zu wetten als sonst, da ja alles zu glücken scheint: Bleibe bei deinen vorher festgesetzten Regeln und wette nicht mehr als 1% deines Kapitals pro Wette.
5. Disziplin bei Plateauphasen
Beim Wetten kann auch über erstaunlich lange Zeiträume Flaute herrschen – eine Plateauphase, bei der es ein bisschen rauf und wieder ein bisschen runter geht, ohne dass sich Weltbewegendes ereignen würde.
Auch das kommt vor, und sollte dich nicht aus der Ruhe bringen. Die psychologische Gefahr, die von Plateauphasen ausgeht, ist zwar deutlich geringer als bei Gewinn- oder Verlustperioden. Dennoch können sie durchaus frustrierend sein. Auch hier gilt: Nicht aus der Ruhe bringen lassen und unbeirrt den Kurs halten. Wenn deine Wetten gut sind, wird sich das früher oder später auszahlen.
6. Wähle deine Wetten gut aus!
Disziplin drückt sich beim Wetten auch darin aus, dass du nicht auf jedes x-beliebige Spiel wettest. Wenn du erfolgreich wetten möchtest, benötigst du Value – und Value erhältst du nur dann, wenn du gegenüber dem Rest des Markts einen Wissensvorsprung hast. Das kannst du nur durch eine gewisse Spezialisierung auf bestimmte Sportarten und Ligen erreichen. Auch innerhalb dieser Sportarten und Ligen solltest du nicht auf jedes Spiel wetten – das wäre ein sicheres Zeichen dafür, dass mit deinem Ansatz etwas nicht stimmt, und du in vielen Fällen keinen Value findest.
7. Nimm nur die besten Wettquoten
Erfolgreich wetten hat nichts damit zu tun, Sieger zu finden: Es geht darum, zu den richtigen Wettquoten zu wetten.
Bevor du eine Wette abschließt, solltest du immer eine Mindestquote im Kopf haben. Disziplin heißt in diesem Fall, dass du definitiv keine Wettquote unterhalb davon akzeptierst, so verlockend dir die Wette auch scheinen mag. Dabei solltest du dich auch davor hüten, im Nachhinein schwach zu werden und daraus die falschen Konsequenzen zu ziehen. So wird es zum Beispiel vorkommen, dass du auf ein bestimmtest Team nicht gesetzt hast, weil die Mindestquote nicht erreicht wurde. Nun gewinnt dieses Team. War es deshalb falsch, nicht darauf zu setzen?
Nein. Dabei handelt es sich um einen Rückschaufehler, weil du nur mit den Informationen arbeiten kannst, die du bei Abschluss der Wette hattest. Deine Intuition spielt dir hier noch einen zusätzlichen Streich, weil du dich insbesondere an diese Fälle erinnern wirst – und nicht an die Gelegenheiten, bei denen der Nichtabschluss der Wette dir Geld gespart hat.
„Mangelnde Disziplin“ als Ausrede
Disziplin wird beim Wetten gerne auch in einen völlig falschen Zusammenhang gebracht, und zwar dann, wenn Wetten verloren werden. Umgekehrt werden gewonnene Wetten dem eigenen Können zugeschrieben, und sind in dieser Sichtweise Ausdruck gelungener Disziplin. In beiden Fällen liegt der Rückschaufehler vor; der Ausgang der Wette wird eine Zwangsläufigkeit aufgrund der hinterher bekannten Fakten zugeschrieben, die es vorher nie gegeben hat.
Deshalb ist es sinnlos, eine Wette als Disziplinlosigkeit abzuhaken, nur weil sie verloren wurde. Die Frage lautet vielmehr, ob sie aus den falschen Gründen abgeschlossen wurde. War es beispielsweise eine Wette in einer Liga, in der du sonst nie wettest? Hast du eine Wette abgeschlossen, weil dir langweilig war? Oder zu einer Wettquote, die du eigentlich zu niedrig fandest?
Wenn du solche Fragen mit „Ja“ beantworten musst, dann musst du daran arbeiten, diszipliniert zu wetten – und zwar auch, wenn du diese Wetten gewonnen haben solltest! Zwar ist es leicht, dir in solchen Fällen einzureden: „Ich habe es doch gewusst!“ Das aber grenzt an aktiven Selbstbetrug, schlicht weil du es eben nicht gewusst hast.
Wie du daran arbeiten kannst, diszipliniert zu wetten
Der vielleicht wichtigste Tipp zur Verbesserung deiner Wettdisziplin ist folgender: Schreibe dir jede einzelne deiner Wetten auf, und zwar so detailliert wie nur irgend möglich – am besten mit einem Tabellenkalkulationsprogramm, weil du so mit deiner Wetthistorie am effizientesten arbeiten kannst. Dafür kannst du zum Beispiel Excel oder das kostenlose Libre Office Calc verwenden.
Durch das gewissenhafte Aufschreiben deiner Wetten kannst du besser nachvollziehen, wo deine Fehler und Disziplinlosigkeiten tatsächlich liegen. Denn dein Erinnerungsvermögen kann dich dabei trügen. Ich empfehle dir auch, deine Einschätzungen zum Spiel vorher einzutragen, zum Beispiel deine geschätzten Wahrscheinlichkeiten.
Auch auf die Analyse vergangener Wetten solltest du eine gewisse Zeit verwenden – denn in der Analyse der Vergangenheit liegt der Schlüssel zur Verbesserung deiner Wetten der Zukunft.
Fußnoten:
[1] Es kann Ausnahmen bei sehr viel Value geben, aber diese sollten nur sehr selten vorkommen. Wer nicht ein paar Jahre Wetterfahrung auf dem Buckel hat, unterschätzt die Gewalt der Zufallsschwankungen chronisch.
[2] Aus erster Hand kann ich beispielsweise berichten, dass das drittgrößte Fußballwettsyndikat der Welt, mit dem ich eine Weile zusammengearbeitet habe, im Geschäftsjahr 2017 nach Kosten keine Gewinne verzeichnen konnte, sondern nur Verluste (wenn auch relativ leichte, am Umsatz gemessen). Und hier reden wir von einigen tausend Wetten im Jahr, und einem insgesamt funktionierenden Geschäftsmodell.