Vor ein paar Tagen bin ich mal wieder über Benjamin Best gestolpert, dem sogenannten Experten für Wettbetrug[1]. Auf der Internetseite des WDR gab es einen Artikel inklusive kurzem Fernsehbeitrag. Der Deutschlandfunk berichtete ebenfalls: Deren Artikel beinhaltet zusätzlich ein Radiointerview zum Thema mit Benjamin Best.
Worum geht es bei der jüngsten Miniaufregung?
In einer wissenschaftlichen Studie wurden Wetten in den Over/Under 2.5 Tore Märkten bei Betfair analysiert, die Partien von drei Schiedsrichtern wiesen dabei Besonderheiten auf, die die Forscher auf Wettbetrug schließen lassen. Auf die Studie selber gehe ich noch zu einem späteren Zeitpunkt ein; das offensichtlichste Problem daran ist, dass eben nur Betfairwetten analysiert wurden, was nur sehr bedingt Rückschlüsse auf das Gesamtgeschehen im Wettmarkt erlaubt [2].
Was Benjamin Best als Wettbetrugsexperten unglaubwürdig macht
Problematisch an Benjamin Best ist in erster Linie, dass er nicht richtig versteht, wie Wettmärkte funktionieren. Am 28. Mai 2014 erschien im deutschen bettingexpert Blog (für den ich damals noch geschrieben habe) ein Interview mit Herrn Best über das Thema Match Fixing. Dort ist es nicht mehr aufzufinden, allerdings ist das Interview dankenswerterweise weiterhin im Internetarchiv der Wayback Machine nachzulesen.
Fast auf den Tag genau 2 Monate nach der Veröffentlichung des Interviews wurde mir am 28. Juli 2014 vom Fragesteller folgende Mail von Benjamin Best weitergeleitet, in der er eine Frage stellt, die seine fachliche Unwissenheit entlarvt:
Das Problem daran: Wenn im Fußballbereich große Summen gewettet werden, dann geschieht das in aller Regel mit Wettbrokern via Skype Chat, und zwar genau in dem von Benjamin Best zitierten Format[3].
Bei größeren Summen ist es üblich, nicht nur auf einer Asian Handicap Linie zu wetten, sondern gleich auf mehrere solcher Linien gleichzeitig, da sich so mehr Geld unterbringen lässt. Im Beispiel Australien aus der eMail gibt man die Wette gleichzeitig auf Australien +1.50 zu einer Quote von 2.21 ab und auf Australien +1.75 zu einer Quote von 1.93. Dazu nennt man dem Wettbroker einen gewünschten Maximalbetrag, der sich bei Wetten dieser Größenordnung meist im fünfstelligen oder niedrigen sechsstelligen Eurobereich bewegt.
Der Wettbroker macht sich dann ans Platzieren und bestätigt die Wette etwas später mit dem genauen Betrag, wobei die genaue Aufteilung auf die verschiedenen Linien in aller Regel etwa proportional zu den jeweiligen bei SBO und singbet verfügbaren Maximallimits der betroffenen Linien ausfällt.
Benjamin Best versteht nicht, wie der Wettmarkt wirklich funktioniert
Die gestellte Frage von Herrn Best lässt darauf schließen, dass er mindestens nicht versteht, wie diese Aufteilung auf mehrere Linien funktioniert und daher weiß er vermutlich auch nicht, dass sie überhaupt stattfindet. Kurz gesagt: Er hat grundlegende Verständnisprobleme bei einem völlig gängigem Abgabeformat, das für größere Wettsummen jeden Tag verwendet wird[4].
Das ist vor allem deshalb besorgniserregend, weil er im Jahr 2013 ein ganzes Buch über Wettbetrug beim Hamburger Murmann Verlag veröffentlicht hat (ISBN 978-3-86774-266-5).
Um Wettbetrug überhaupt lohnenswert zu machen, müssen hohe Summen gesetzt werden, daher würde auch in diesen Fällen ein entsprechendes Format verwendet werden. Wenn Benjamin Best aber nicht in der Lage ist, solche Wetten zu verstehen, wie kann man ihn dann noch als Experten für Wettbetrug ernst nehmen?
Man muss von einem Journalisten vernünftige Recherche erwarten, insbesondere vor einer Buchveröffentlichung. In dem von mir angesprochenen Beispiel hätte er dazu nur die richtigen Leute fragen müssen, was wirklich nicht so schwer ist. Benjamin Best erfüllt diese Mindeststandards leider nicht.
Fußnoten:
[1] So wird er auf seiner Wikipediaseite im ersten Absatz bezeichnet.
[2] Der eigentliche Wettbetrug wird nicht bei Betfair begangen, sondern mit Wetten im asiatischen Markt, also beispielsweise wie im Fall Ante Sapina mit Wetten bei SBO, IBC oder dem Wettbroker Samvo. Was auf Betfair passiert, ist bestenfalls ein Echo der so ausgelösten Preisentwicklungen.
[3] Die eMail besteht aus drei verschiedenen Wetten, die so aufgeteilt sind:
Wette 1: Australien +1.5 (Quote 2.21) und Australien +1.75 (Quote 1.93)
Wette 2: Chile +1 (Quote 2.03) und Chile +1.25 (Quote 1.75) und Chile +0.75 (Quote 2.33)
Wette 3: Chile zur Halbzeit +0.5 (Quote 1.85) und Chile zur Halbzeit +0.25 (Quote 2.30)
[4] Mir ist klar, dass selbst ambitionierte Wetter mit diesem Format und dieser Art zu wetten eher nicht in Berührung geraten; wer in diesem Bereich aber ernsthaft recherchiert, sollte recht schnell darauf stoßen, da es beim Wettbetrug um hohe Summen geht.